Die Nächste, bitte!

Bei Pipo-Tore folgt die Tochter auf den Vater

Geschwitzt hat Daniela May auch manches Mal, aber das ist lange her. Schon als 16-jährige Schülerin packte sie im väterlichen Betrieb an, fuhr mit raus zu den Kunden und half bei der Tor-Montage. „Das Handwerkliche hat mir immer sehr viel Spaß gemacht“, sagt die heute 42-Jährige und lacht. „Aber irgendwie bin ich dann doch im Büro gelandet.“ Mittlerweile ist es das Chefbüro. Denn im April 2019 hat Daniela May die Geschäftsführung der Pipo-Torservice GmbH von ihrem Vater Bernd Pipo übernommen. Sie trägt nun die Verantwortung für ein Unternehmen mit zwölf Mitarbeitern.

Bernd Pipo hatte 1990 in Hamburg mit einer Handelsvertretung für Industrietore begonnen, später kam die Installation durch eigene Monteure dazu. Das wachsende Unternehmen zog um nach Rosengarten und spezialisierte sich auf den Bau von maßgefertigten Toren. In der großen Halle im Gewerbegebiet Nenndorf werden heute Dreh- und Schiebetore sowie Garagen-Sektionaltore individuell nach Kundenwunsch hergestellt.

„Sie war schon immer meine Wunschlösung“

Während Helga Pipo ihren Ehemann schon von Beginn an bei der Buchführung unterstützte, zog es die Tochter nach der Ausbildung zur Bürokauffrau im Familienbetrieb erst einmal weg von Zuhause. Einige Jahre lebte und arbeitete Daniela May in Süddeutschland, bevor sie 2015 zurück in den Norden und in die Firma kam. Das sei der Zeitpunkt gewesen, zu dem er erstmals über die Nachfolge gesprochen habe, sagt Bernd Pipo. „Meine Tochter war schon immer meine Wunschlösung. Aber das läuft ja nicht automatisch, es musste sich entwickeln.“

Übergabe erfolgte Schritt für Schritt

Daniela May traute sich die Führungsposition zwar zu, wusste aber, dass sie eine Entwicklungszeit brauchen würde. Beide vereinbarten eine Übergangsphase, in der die Nachfolgerin sich in die neuen Aufgabenfelder einarbeiten konnte. „Am meisten hat mir geholfen, dass wir sehr viel geredet haben“, sagt Daniela May. „Ich wurde nicht ins kalte Wasser geschmissen, sondern hatte immer beide Eltern im Rücken. Dadurch habe ich auch keinen Druck verspürt.“ Auch ihr Vater war bereit zu lernen. „Ich kann nicht bis zum Tag X der Macher sein und mich dann umdrehen und sagen: Ab morgen hast du die Verantwortung. Das kann nicht funktionieren.“ Also hat sich der Senior schrittweise zurückgenommen: „Bei den regelmäßigen Besprechungen mit allen Mitarbeitern wurde das Wort immer mehr von meiner Tochter geführt und immer weniger von mir.“

Am Anfang sei das gar nicht so leicht gewesen, sagt der 76-Jährige: „Aber je mehr ich gesehen habe, wie sie sich in die Rolle reingefunden hat, desto gelassener wurde ich. Heute kann ich nur sagen: Es war genau das Richtige.“

Verantwortung übernehmen und loslassen können

Nun ist persönliche Nähe kein Garant für das Gelingen einer Übergabe, bisweilen sogar ein Hindernis. Hilfreich war für das Vater-Tochter- Gespann, dass sich beide immer auf Augenhöhe begegnet sind: „Ich schätze sehr, dass ich auf seinem Wissen aus 30 Jahren aufbauen kann“, sagt Daniela May. Und der Vater lobt ihre Führungsqualitäten: „Sie ist verlässlich, ehrlich und macht auch mal eine klare Ansage. Es passt einfach.“ Als die Übergabe dann im vergangenen Jahr auch offiziell galt, machte die Familie daraus ein großes Fest für die Mitarbeiter, deren Familien und die Kunden.

Heute schaut der Senior nur noch selten im Betrieb vorbei. „Ich will ja die Abläufe nicht durcheinanderbringen“, sagt er mit einem Schmunzeln. Er genießt es, auch mal spontan auf seiner Lieblingsinsel Sylt abzuschalten. Seine Tochter ist heute froh, dass sie von den eigenen Erfahrungen profitieren kann, auch vom einstigen Schülerjob: „Ich weiß schließlich genau, worauf es bei der Montage ankommt. Da kann mir keiner was vormachen.“

Quelle: IHK Lüneburg – Die Nächsten, Bitte! (April 2020), Text: Ute Klingberg, Foto: IHK-Bericht_2020